Weimar am 19.04.2012

Am Donnerstag, den 19.04.2012, wurden am späten Abend in Weimar vier Menschen Opfer von erheblicher institutioneller sowie persönlicher Gewalt, die von Polizistinnen und Polizisten der örtlichen ,,Wache’‘ bis in die Morgenstunden ausgeübt wurde. Unmittelbar vor ihrer Wohnung hielten gegen ein Uhr nachts zwei Polizeiwagen, in die die betroffenen Personen unter Anwendung von Schlägen jedoch ohne Angabe von Gründen hineingezwungen wurden. Die ersten Schreie fielen.

Auf dem Revier wurden sie getrennt und es folgte der Zwang sich auszuziehen, zwei von ihnen bis auf die Haut, was wiederum handgreiflich geschah. Es wurde an den Haaren gezogen, Piercings mussten abgenommen werden und teilweise zerrten Beamte diese einfach heraus. Dazu drangen die Schreie von anderen Personen der Gruppe zu den jeweils Einzelnen, die mehr und mehr in Angst und Schrecken versetzt wurden. Die Aussagen der gewaltätigen Täterinnen und Täter in legitimierender Uniform erstreckten sich auf:

,,Dir geht es noch viel zu gut in Deutschland!’‘ – ,,Ihr werdet euch wünschen, nicht geboren zu sein.’‘ – ,,Ein Wunder, dass du die Regelschule geschafft hast bei deinem mickrigen Hirn.’‘ – ,,Wir kriegen euch klein.’‘ – ,,Ich sorg dafür, dass du hinter Gitter kommst.’‘ – …

Sie wurden geschlagen, angespuckt und in Einzelzellen gebracht. Eine Person wurde am Oberarm gefesselt und ins Gesicht geschlagen. Ein Beamter zog sie durch die Zelle, hin und her bis sich eine armlange Wunde auftat, die unversorgt blieb. Es war kalt, einsam und brutal. Ein Polizist wollte einer betroffenen Frau, die er zuvor geschlagen hatte, auf die Toilette folgen, wurde diesmal von einem anderen daran gehindert, weiter übergriffig zu werden. Wieder waren für manche die Schreie der anderen zu hören.

Nach dieser Nacht fanden am Morgen gegen 9:30 Uhr die Verhöre statt. Das erste Mal fielen Anschuldigungen: Eingriffe in den Straßenverkehr, Sachbeschädigung, Graffiti und auch Widerstand gegen das in der Nacht Geschehene… Erst nach der Freilassung am späten Vormittag konnte der eine verletzte Mensch seine lange Wunde im Krankenhaus behandeln lassen.

Neben der Folter und den beschriebenen Beleidigungen gegen Geschlecht, vermutete Herkunft und Existenz, erwähnten die gewaltsamen Polizisten auch immer wieder eine gewisse Anja und einen gewissen Felix: ,,Wir kriegen euch klein wie A. und F.‚‘, hieß es. An was hier ,,erinnert’‘ wird, ist die Hetzjagd auf den ,,Weimarer Feuerteufel’‘, die von 2006 an vier Jahre lang dauerte. Anlass boten die bisher ca. 70 Containerbrände und das Anzünden von Autos im Dezember 2009. Die Presse skandalisierte und keifte. Ein Schuldiger musste gefunden werden und die Polizei ergriff jemanden, den sie in den folgenden Jahren auch nicht wieder loslassen sollte. Ein halbes Jahr Untersuchungshaft, Hausdurchsuchungen und Vorverurteilungen in Medien und Öffentlichkeit. Obwohl es nie zu einer Verurteilung kam, A. und F. also als unschuldig zu gelten haben, ging die allseitige Repression weiter. Bei neuen Vorfällen wurde das Konstrukt ,,Feuerteufel’‘ aufgegriffen und immer wieder mit den beiden Menschen in Zusammenhang gebracht. An Ostern 2010 begingen A. und F. Selbstmord. Eine Begebenheit, an die die Weimarer Polizei sich anscheinend ohne Skrupel zu erinnern weiß.

Die Ereignisse vom 19.04.2012 sprechen für sich. Es bleibt der Aufruf zur Unterstützung: Infoveranstaltungen, Solikonzerte und Spenden für die anstehenden Verfahren.

Seid solidarisch mit den Betroffenen!

Am 30.08.2013 findet vor dem Weimarer Amtsgericht (Ecke Ernst-Kohl-Straße / Carl-von-Ossietzky-Straße) ab 9:00 Uhr eine Kundgebung unter dem Motto: „Gegen Polizeigewalt – Solidarität mit den Betroffenen!“ statt.

Infos: wia.blogsport.de

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