Im Oktober 2007 veröffentlichte die Erfurter NPD eine Liste mit politischen Gegner_innen, die bei einem Angriff auf ein Nazilokal beteiligt gewesen sein sollen, mit der latenten Aufforderung, sich diese „asozialen Elemente der linken Szene“ vorzuknöpfen (JAPS berichtete). Die entsprechenden Daten lieferte, wie nun bekannt wurde, der Verfassungsschutz dem damaligen Erfurter NPD-Chef Kai-Uwe Trinkaus, der sich nun öffentlich als Spitzel enttarnt und gegenüber dem MDR ausgepackt hat.
Trinkaus war zwischen 2005 und 2008 führender Kader der Thüringer NPD. Er gilt als führender Kopf des Machtkampfes von 2007/08, der die etablierte NPD-Führung stürzen sollte (AGST berichtete: 1; 2). Trinkaus scheiterte damals, wurde aus der NPD ausgeschlossen und trieb in anderen Naziparteien und -vereinen sein Unwesen (AG17/AGST berichteten: 1; 2; 3). Im Rahmen der Enthüllungen des MDR, demgegenüber Trinkaus sich jetzt geoutet hat, um der Offenlegung von Geheimdienstakten im Rahmen der NSU-“Aufklärung“ zuvorzukommen, wurde deutlich, dass Trinkaus seine Kameraden von Mai 2006 bis zum Jahr 2010 bespitzelte. Durch das üppige Sold des Verfassungsschutzes (ca. 1000€ im Monat) finanzierte er die Nazizeitschrift „Bürgerstimme“, den NPD-Kreisverband, die Unterwanderung und Selbstgründung diverser Vereine und das NPD-Bürgerbüro.
Doch nicht nur das. Der Verfassungsschutz nutzte Trinkaus auch um Antifaschist_innen zu bekämpfen. So schleuste Trinkaus mit Wissen und unter Mithilfe des Verfassungsschutzes einen Spitzel in die Linke-Landtagsfraktion, deren Mentoren-Programm und die Jusos ein. Der interessanteste und vielsagendste Teil der neuerlichen Posse betrifft elf Antifaschist_innen, die am 23. Juni 2007 von der Polizei festgenommen wurden. Ihnen wurde vorgeworfen am Angriff auf ein Nazilokal beteiligt gewesen zu sein (RH Jena berichtete). Einige Monate später tauchten auf der NPD-Erfurt-Homepage die Namen der elf Antifaschist_innen auf. Die Kameraden, die des Lesens mächtig waren, wussten, was sie mit diesen „asozialen Elemente der linken Szene“ tun sollten. Damals konnte nicht ermittelt werden, woher Trinkaus die Daten hatte. Nun wurde der Zusammenhang bekannt. Trinkaus erkundigte sich bei seinen Verfassungsschutz-Führern nach den Namen der Antifaschist_innen und bekam sie, mit der Blanko-Verfügung bzw. eigentlich vielmehr der suggestiven Bemerkung: „Was Sie daraus machen, ist Ihre Sache.“ Solche offensichtlichen Rechtsbrüche nähren die offene Vermutung, dass mit der NPD die falsche kriminelle Bande verboten werden soll. Nicht dass wir neuerdings ein Loblied auf den Rechtsstaat anstimmen wöllten, aber es gilt eben doch immer wieder festzuhalten, dass sich eine, nicht nur im Rechtsstaatssinn, kriminelle Vereinigung (der Verfassungsschutz), legitimiert durch das bürgerliche Recht, daran macht, Antifaschist_innen zu verfolgen und Nazistrukturen zu finanzieren. Den betroffenen Antifaschist_innen gilt unsere Solidarität!
Kai-Uwe Trinkaus, nach dem knapp gescheiterten Angriff auf eine Antifa-Kundgebung am 6. Juli 2007 in Arnstadt, ob ihn auch hier sein V-Mann-Führer zum Angriff geraten hat, ist unbekannt.
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